Novembersüße

Veröffentlicht in: Jahresrad, Lieseln | 5

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Novembernebel, Geheul und Wandel. – Vielleicht versüßt das November-Angebot in der Lieselei (zu jedem Lieselbuch 1x Papierschablonen nach Wahl gratis, zum reinen Buchpreis) der ein oder anderen Lieslerin die dunklen Abende, oder die einer lieben Freundin. Denn ich weiß ja, wie über den wundervollen November gejault werden kann, wenn Nacht und Nebel zu lang und zu dicht werden und etwas Farbe ins Leben muss.

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Ich mag den November. Ich weiß, das sag ich jedes Jahr. Und jedes Jahr bin ich wieder entzückt, wenn November ist. Mit dieser Meinung schwimme ich im Großen und Ganzen gegen den Strom. Und ja, es ist dunkel, es wird kalt, man nimmt Abschied von Jahr und Garten und fühlt all das Blühende und Wachsende durch die Finger gleiten, Moder, Moos und Pilze. Wird jemals wieder eine Blüte aus diesem tristen Boden treiben? Ja. Wird sie. Aber erstmal wird Platz gemacht. Und auch wenn der Spätherbst dunkel und grau ist, ist er doch das Negativ, die Vorbereitung für das unbeschriebene weiße Blatt, auf dem wieder alles möglich ist. Und weil die Sonne besonders golden ist, wenn sie denn mal golden scheint, im November, und ja, weil ich ein Novemberkind bin, habe ich das Gefühl, den liebenswerten November mit seinem Nebel und seinen in den Boden sinkenden Blättern ab und zu mal hochhalten zu müssen und zu sagen, seht her, er ist einer von Zwölf, nur mit ihm ist das Jahr vollständig! Fast hätte ich gesagt: Ihn ab und zu mal in den Arm nehmen zu müssen – das freut ihn natürlich auch, aber brauchen tut er das nicht, er ist nämlich stark und präsent und schafft das getrost ganz alleine.

Vielleicht freut sich aber der ein oder andere Mensch, wenn er denn (konkret oder im weitesten Sinne) ab und zu mal in den Arm genommen und gedrückt wird, wenn der Novembernebel gar zu grau ist. Und weil es vom tröstlichen Licht und nettem Austausch nicht weit bis zum geselligen Handarbeiten ist, mit Tee und Kerzen, Farben und weichem Material, können wir unser Nähkörbchen jetzt ruhigen Gewissens vorholen und in aller Weltenruhe farbige Werke schaffen, und uns selber bestätigen: Im Frühling wachsen die Blumen wieder. Aber erstmal zur Ruhe kommen…

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Sehnsucht nach Sechsecken

Veröffentlicht in: Lieseln, Quilt | 5

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Manchmal muss es ganz irdisch sein. Geerdet wie ein Kartoffelfeld.

Eigentlich wollte ich nur eine einzige Sechseckrosette aus sieben Teilen nähen; es begann alles mit der Idee für einen Liesel-Workshop und der Frage, was absolute Lieselneulinge wohl an einem launigen Abend so gelieselt bekommen – eine Sechseckrosette, in handlicher Eineinviertelinchgröße, klar! Also lieselte ich ein Anschauungsobjekt, applizierte es eher praktisch als schön auf eine Leinenserviette und war ganz zufrieden. Ein farbiger kleiner Tupfer in einem langen, bewegten Tag. Ich war rechtschaffen müde und schlief tief, fest und traumlos, um am nächsten Morgen mit der Erkenntnis aufzuwachen: Ich! Muss! Sechsecken! Nähen! Je mehr je besser, am liebsten ein zwei mal zwei Meter großer Quilt, ein Flickenquilt real wie Haselnüsse und Hefekuchen mit Rosinen. Wenn so eine Idee erstmal da ist, ins Rollen kommt und Fahrt aufnimmt, sollte es kein Halten geben. Ich schnitt stapelweise Stoffreste zu Hexagons, während mir die Staubmäuse possierlich um die Puschen tollten. Heften, anordnen, lieseln… Irgendwann zwischendurch knipste ich nochmal für drei bis vier Sekunden den Verstand ein und machte einen „Entwurf“,  das heißt, ich beschloss mal eben, die Teile nicht zu wahrlos, sondern in Doppelrosetten anzuordnen.

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sechs9Einzelne Hexies sind bewusst aus dem Fadenlauf gedreht – teils wegen der Musterung,
teils, weil es den Flickenquiltcharakter unterstreicht.
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sechs8Was für ein Farbglück! Die Muster, die Stoffe, die Farbverläufe, das Garn! (Diese sehr unpassende Erkältung in den ersten herbstkalten Tagen tat ein übriges, so doof wie sie war, aber immerhin war es möglich, auf dem Sofa Sechsecken zu nähen) Wenn man dann noch zwischendurch, bei Nähtreffen, anstatt fernzusehen und nochmal zwischendurch näht und näht und näht, dann blühen die Rosetten schneller auf als man „Hexadezimalsystem“ sagen kann.

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Manchmal darf es ganz einfach sein.
Manchmal darf man getrost ganz kleine Brötchen backen.

Fan Shawl, für unterwegs

Veröffentlicht in: Kleidung, Stricken | 1

Woran erkennt man, dass ein Projekt das perfekte Handtaschenprojekt ist?

fan1Jepp. Wenn die Anleitung irgendwann so aussieht. Und woran erkennt man, dass man schon viel zu lange an einem Projekt gearbeitet hat? Genau. Eben daran…

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Der Fanshawl ist so genial, weil man immer nur eine kleine Partie von maximal 50 Maschen strickt, die man dann mit Muster und Abnahmen zu einem Fan, einem „Fächer“, verstrickt, bis nur noch eine Masche auf der Nadel ist. Dann nimmt man wieder 50 neue Maschen auf, teilweise aus den schon gestrickten Kanten, und das ganze geht von vorne los. Wirklich schön für unterwegs, weil es trotz des wachsenden Tuches eben doch immer ein kleines Strickzeug bleibt.

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fan5Garn: Noroyarn, Taiyo Lace [perfekt in Lila, Grün, Orange…]

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Der Farbverlauf unterstreicht hier die Fächerform. Passenderweise (und zufällig) ist der Verlauf meistens lang genug für einen Fächer, und selbst wenn eine Farbschattierung über mehrere Fächer läuft, kommen die Partien an anderen Kanten wieder klarer zur Geltung, weil aus anderen, schon gestrickten Fächern, die Maschen wieder aufgenommen werden. Den Effekt könnte man noch unterstreichen, indem man für jeden Fächer ein neues Garn nimmt – also auch prima für kleine Reste. Wahrscheinlich wäre auch ein „Patchwork“ aus ganz unterschiedlichen Garnen, Stärken und Effekten denkbar… ein Ideenfaden zum Aufnehmen.

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Nachdem der Fan Shawl also weitgereist ist und in unterschiedlichsten Taschen als Unterwegsprojekt gehaust hatte, begleitet er mich jetzt wieder, luftig leicht und klein in der Handtasche für schön und nützlich.

Übrigens war ich nach schätzungsweise zwei Jahren des Fächer-Strickens
tatsächlich schon auf Seite 2 der Anleitung. Der Rand! Das Finale!
Und hätte sich nicht ein paar Meter vorm Ziel das Garn total verfitzt,
wäre ich doch wirklich eine halbe Stunde früher fertig gewesen.

♥♥♥

Jeder Moment ein bisschen Farbe

Veröffentlicht in: Farbteilchen, Nähen | 0

klammer5An Farbe kommt man ja gar nicht vorbei. Es gibt nichts, das nicht farbig ist. Alles hat Farbe, Helligkeit, Leuchtkraft und Wechselwirkung mit der Umgebung. Also hat es auch Sinn, darauf zu achten, welche Farben man verwendet, welche man wofür mag, wie sie wirken und wann sie wechseln – mit der Tageszeit, der Stimmung, der Jahreszeit, dem Alter, auch mit der Mode und dem Angebot und dem Zeitgeist. Manche Menschen haben die Lieblingsfarbe, andere brauchen eine Palette an Schattierungen, mit Zwischentönen, Akzenten, Vorder- und Hintergrund, Überraschungen und subtilen Nuancen, aber das in allen Tönen, mit Schwerpunkt auf Farbfavoriten, von Lila über Orange bis Grün, und dazu ein bisschen Gelb und Rosa und Blau… Für jeden Bereich des Lebens gilt wieder eine andere Farbwahl. Kleidung, Einrichtung, Deko, Schmuck, Garten, sogar die Wahl des Haustiers? Die Bettwäsche, die Haartönung, die Kuchenglasur. Der Beutel für die Wäscheklammern.

klammer7Bei dieser Flut an Farben und Informationen ist es manchmal gar nicht so leicht, die echte eigene Farbstimmung zu erspüren. Wir sind begeistert von der neuen Einrichtung bei einer Freundin, einer Handtasche, der Gießkanne, Nagellack, 1000 Ballen Stoff im Laden, den Innovationen dargestellt in Zeitschriften und allgegenwärtigen Medien… und wollen das dann genauso haben, weil es doch so schön ist. Oder so sinnvoll. Oder so pflegeleicht. Aber bei soviel Input noch zu wissen, wer man als Farbklang wirklich ist, ist gar nicht so einfach. Aber es lohnt sich. Neulich stöberte ich an einem Marktstand, an dem im Wind Klamotten wehten, bunte Kleider, T-Shirts und kurze Hosen, und ich wollte unbedingt dieses eine Top haben. Ich hatte die Wahl zwischen Anthrazit und Beerenlila. Was für eine Frage! Ich liebe Farbe und Lila und die Sonne schien, und Grau ist bloß so…. grau. Äääh, aber was war das denn jetzt für ein Bauchgefühl, das mir da dazwischenfunkte? Das dunkelgraue Tunikahemdchen soll stimmiger sein als das farbfrohe? Really?! Ja. Gegen jede Vernunft aufs Bauchgefühl gehört und ein albernes kleines Oberteil aus dem Urlaub mitgebracht. Diesmal in Grau. Ja. (Esel sind auch grau, fällt mir dazu gerade ein. Und ganz entzückend. Und so hübsche Ohren!)

klammer3Ein achtteiliges Schnittmuster aus acht unterschiedlichen Stoffen zu nähen, kann pures Glück sein. (Und mancher schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und genießt für sich selig die Schlichtheit einer einzelnen reinen Farbe, und ist es nicht schön, dass alles richtig ist?).

klammer1das Schnittmuster gab mir eine Freundin, freie Anleitung aus dem www

Sogar ein auf dünnes Transparentpapier durchgepaustes Schnittmuster, dem eine Seite aus einer Zeitschrift Stabilität geben soll, kann ein Augenschmaus werden. Packpapier geht auch, klar… Und wie sehr die ganze Angelegenheit Stimmungssache ist, zeigt sich darin, dass ich andererseits auch schon mal Geschenke in Packpapier gewickelt habe – aufgerüscht mit aufgeklebten Liebesmarken und dem Namen des Beschenkten in Glitter-Glue aufgetuscht.

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klammer2Wir sind sowieso von Farbe und Material umgeben, dann kann man damit auch spielen und gestalten und nach Herzenslust kombinieren, und sich genau die Variation rauspicken, die das Herz erfreut. Also horcht doch ab und zu mal auf dieses feine Gefühl, ganz von innen heraus, das ganz genau weiß, was jetzt gerade stimmig ist.

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Farbe ist Schwingung.
Farbton.
Persönlich wie die Handschrift und die Stimmfarbe.

An Farbe kommt man nicht vorbei.
Und jeden Moment farbig zu gestalten,
könnte alles sein, was nötig ist.

kleine Dinge, und LogCabin

Veröffentlicht in: Stricken | 6

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Nach dem Sinn des Lebens zu suchen kann ganz schön anstrengend sein, und meistens kommt dabei eh nur raus, dass man einfach bloß mal mit dem Suchen aufhören und ein paar Momente in der Hängematte chillen sollte. Das Leben ist voll mit amüsanten Kleinigkeiten, und wenn man den Blick mal kurz weg vom Alltagsdrama hin zum Detail wendet, kann man jedes klitzekleine Juwel erkennen.

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Und so strickte ich aus Garnresten neue Waschlappen für die Küche. Die sind viel schöner als Kunststoffschwämme. Da sie in stetiger Benutzung sind und ständig in der Kochwäsche landen, brauche ich ein ganzes Körbchen voll davon. Und sie nutzen sich irgendwann ab. Kanten und Klingen ritzen Fäden; Heißwäsche, Schleudergang, der Zahn der Zeit… irgendwann sind sie hin, und ich darf, hurra, neue stricken. Und weil ich das immer schon mal probieren wollte, wurden es diesmal kleine LogCabin-Blöckchen, schlicht aus einer quadratischen Mitte mit vier Streifen rundum – nur rechts gestrickt und jeweils aus der Kante Maschen aufgenommen. Es gibt wunderschöne LogCabin-Strickdecken (auch auf meiner ToKnit-Liste). Aber ich brauchte ja bloß Lappen, und bei aller Begeisterung merkte ich ziemlich schnell, dass unendlich viele Fäden aus meinem Strickwerk hingen, die alle noch vernäht werden wollten… Dazu hatte ich aber keine Lust, und so strickte ich schnell noch einen Lappen, und dann noch einen. Aber die Gewissheit lauerte mit mathematischer Unverrückbarkeit von Anfang an im Hintergrund: Irgendwann werde ich die Fäden vernähen müssen, und je mehr Lappen, um so mehr Fäden… dagegen kann ich nicht anstricken…

Zeit verging.

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Ich nähte Knöpfe an und erledigte Unerledigtes. Ist auch wichtig. Und manchmal ganz schön.

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So, und dann hab ich mir endlich mal eine vernünftige Technik fürs Fäden verwahren angeeignet, und dann ging es schwupps, und die Lappen sind einsatzbereit! So klein, so unwichtig, und so schön. Und man kann erstaunlicherweise sogar ganz ohne Abwasch eine Menge Spaß mit ihnen in der Küche haben.

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logcabin1Übrigens: Salbei!
(Hier im Kännchen, hielt länger als das Fliederblütensträußchen.)
Salbei ist grandios!

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Nicht nur als Tee, auch für Blumensträuße aus dem Garten.
Das silbrig samtige Graugrün schafft einen wundervollen Hintergrund für jede Blüte.
Und dazu ein Maiblümchen…

Sechseckkissen „Aprilwetter“

Veröffentlicht in: Lieseln | 2

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Huch, schon April! Zeit, meinen immerwährenden Lieblingskalender umzublättern. Letztes Jahr um diese Zeit sagte ich der Patchworkgilde spontan zu, dass ich für Mitglieder der Gilde eine Kissenanleitung für die Monatsaktion 2016 spendiere, für den April. „Aprilwetter“, eine Mischung aus schäg und klassisch und Limonengrün. Auf der Rückseite hat es übrigens Kunststoffdruckknöpfe. Der Beutel mit den bunten Knöpfen samt Zange ist mindestens ein so tolles Spielzeug wie der Wollewickler. Warum noch irgendetwas nähen, wenn man es  – zack! Knopf mit Zange in den Stoff genietet – zuknöpfen kann. Vom Loch in der Hose über Kissenverschlüsse bis zum Ersatz für superunpraktisches Klettband.

Der April ist so inspirierend. (Okay – jeder Monat ist so inspirierened, aber am meisten doch immer der, der gerade ist. Tschacka.) Ein Seewind heult ums Haus, und das, obwohl wir nicht mal an der Küste wohnen; aber der stürmische Wind klingt genau so, nach See und Weite und Möwen und ziemlich frei. Es gibt Licht und Schatten und grelle Sonne und Wolken im schönsten Wechsel, mit Aufbruchstimmung Richtung Frühling. Wenn man rausgeht, um die Ostereier vom Apfelbaum zu nehmen, jedenfalls die, die noch nicht runtergeweht sind, frieren fast die Finger ab. Aber das macht ja nichts wenn man weiß, dass man es drinnen gleich wieder warm hat und es Kaffee und Haferkekse gibt.

Die Sache mit den Mützen hat dann übrigens doch noch geklappt. Für warme Ohren und gegen Sturmfrisur.

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Veröffentlicht in: Farbteilchen, Kleidung | 3

Ich bin ja ein Riesenfan von cozythings. Wenn sie Waschlappen strickt und damit Farbe in die Küche bringt, möchte ich auch drei Dutzend geblümte Waschlappen häkeln (oder stricken). Und ich möchte Teetässchen mit einem gestreiften Baumwollstricklappen liebevoll spülen, während im Hintergrund der Teekessel schon wieder pfeift und die nächste Kanne Gewürztee auf Freunde und Kekse wartet. So cozy. Wenn sie Mützen strickt, will ich auch. Weil es sooo schön ist! Und weil eine Bommelmütze auch bloß eine Mütze mit Bommel ist, muss man nicht erst ein neues Modell entwerfen, ausarbeiten, stricken und in die Luft werfen. Man kann auch mal auf Bewährtes zurückgreifen, so wie auf die (ravelry)-Anleitung conversationalist. Und wenn dann auch noch der hiesige Handarbeitsladen schließt (heul!) und es Garne im Überfluss im Angebot gibt (was die Tränen für den Moment versiegen lässt), kann man innerhalb von sieben Sekunden losrennen, einen großen, großen Beutel Garn kaufen und Maschen für eine Bommelmütze anschlagen.

lanagatto1nuovo irlanda von lana gatto, in schönsten Farben

Hätte man sich vielleicht sogar noch ein paar Sekunden mehr Zeit gelassen, wäre ganz eventuell eine Maschenprobe drin gewesen, und nicht nur eine pi mal Daumen Kalkulation mit völlig überbewerteten schwankenden Faktoren wie Lauflänge, Nadelstärke oder Maschen pro Inch.

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Nennen wir es Maschenprobe. Jetzt weiß ich, dass gut zwei Drittel des Umfangs gereicht hätten. („Team-Hats“? Das bedeutet nicht, dass zwei Leute unter eine Mütze passen müssen.) Aber wie heißt es in der Anleitung? Strickt sich fast von selbst, und so, so einfach, dass man nebenbei ungebremst Konversation machen kann. Also! Auf ein neues.

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Und mit dem aufgeribbelten Garn hab ich gleich erstmal wieder Spaß mit dem Garnwickler. Tschacka! Bei soviel weniger Maschen muss die Mütze ja wirklich im Handumdrehen fertig sein. Und noch eine zweite und eine dritte, eh man mit haferkeksvollem Mund auch nur „Teekesselchen“ sagen kann.

Wollwickler

Veröffentlicht in: Farbteilchen | 3

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Wenn Kinder das erstemal im Leben Tesafilm entdecken, sollte man besser eine 10er-Packung Klebeband als Nachschub plus eine 10er-Packung Klebeband auf Vorrat holen, und sich außerdem darauf gefasst machen, an allen Möbeln haftende halbtransparente Basteleien zu finden. Neue Spielzeuge haben 100% Aufmerksamkeit. Ich weiß noch genau, wie unsere damals Anderthalbjährige auf dem Boden hockte und uns mit groschengroßen Augen ansah, von den strammen Bäckchen bis runter zu den Beinchen über und über mit gelben Zetteln behaftet. Sie hatte die Post-its entdeckt.

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Zu Weihnachten hab ich nun, nach ewigen Jahren des kugelrunden Wollballwickelns, einen echten Wollwickler unterm Tannenbaum gefunden. Mit lila Kurbel und allem. Wenn man daran dreht, schwankt die Garnkone von rechts nach links und rundherum wie ein betrunkener Seemann in einer Nussschale, und rundherumherumherum spult das Garn und das Knäul wächst, kreuz und quer und wunderschön. Seit ich den Wollwickler habe, wickel ich Wolle. Man kann alte Knäule neu wickeln, nicht gelungene Knäule nochmals wickeln, Fadensalat adrett aufwickeln, Garnstränge in Garnzylinder verwandeln. Toll. Alles, was fadenförmig ist, wird aufgewickelt. Ich kann gar nicht genug davon kriegen! Bestimmt klappt das auch mit Schnürsenkeln, Hundeleine und Tesafilm.
Der Winter ist lang. Es stürmt ums Haus. Vielleicht könnte ich ja sogar mal wieder das ein oder andere stricken oder häkeln. Mit dem Garn.

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Es war einmal eine Mandarinenkiste…

Veröffentlicht in: Farbteilchen, Lecker | 2

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Sie war zum Glück nicht alleine, denn in der Ecke standen noch zwei leere Kistchen, nachdem die hungrige Familie die ganzen schönen orangen Vitamine weggegessen hatte. Da kam eine farbhungrige Erfinderin des Wegs und dachte, boh, in diese schönen Schränkchen kommen meine Gewürzdosen! Die leeren, recycelten, die in einem Rutsch gleich mit alten Kalenderblättern und Bastelpapier aus Zeitschriften und buntem Klebeband aufgehübscht werden. Und es ist so COOL, mit dem zu arbeiten, was gerade da ist, so nobel es auch wäre, die hochglänzenden Kleinmöbel im nahegelegenen Möbelhaus von ihrem leeren Dasein zu erlösen. Stattdessen lieber Mandarinenkisten, die ohne Mandarinen eigentlich nur noch Kisten sind, befreit von Etiketten.

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Es ist ein langes glückliches Märchen. Es ist voll heldenhafter Taten – das Holz wurde vor dem Ofen Drachen gerettet, die elektrische Leitung vor dem Bohrer der Lanze, und der Wolf vor der Schneelawine, die vom sonnenbeschienenen Hexenhaus rutschte.

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Farbige Figuren haben dazu beigetragen, wie der findige Modellbauer Ritter mit dem kompletten (!) Sortiment an Schrauben, Kleber und Know-How, die Prinzessin, die keine Erbsen mag und lieber Duftbäder nimmt, und ein Bisschen auch die Baba Yaga, die auf ihrem Ofen reitet und eigentlich immer lecker Gewürzplätzchen verteilen könnte, die aber einen grimmigen Ruf zu verteidigen hat.

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Ein Märchen, lang wie 100 Feenjahre, in dem die Hexe schließlich und endlich und zu guter Letzt in ihrem neuen Ballkleid ums Feuer tanzt und vor Glück händeweise Kräutlein in die Luft wirft.

regal5 regal6Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Und zünden ab und zu ein Räucherstäbchen an.

Hexiebeutel für Spielsteine

Veröffentlicht in: Farbteilchen, Lieseln, Zauberhafte Lieseleien | 1

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Man kommt sich ja ein bisschen heiligenscheinpolierend intellektuell vor, wenn man Böll zitiert* oder auch nur erwähnt. Wenn man sonst ganz entspannt leichte Schmöker mit Happy End bevorzugt und schon mal mit „Gregs Tagebuch“ liebäugelt. Aber „Ansichten eines Clowns“ von Böll war schon immer ein Lieblingsbuch von mir. Schon mit siebzehn und mit türkisgefärbten Haaren war dieses Buch unter den Top Five meiner Lieblingsbücher. Ich kam darauf, weil ich gerade die Beschreibung des endlosen Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spielens im Hinterkopf hatte. Clown und Freundin liegen bäuchlings auf Hotelbetten und spielen, und dabei das Klicken der Puppen auf dem Spielbrett, das Würfeln und Setzen, die meditative Endlosigkeit. Unplugged. – Ich hab die Stelle gerade im Buch gefunden: *„Ich habe ein ähnliches Gefühl der großartigen Leere manchmal beim Mensch-ärger-dich-nicht-Spielen, wenn es über drei, vier Stunden dauert; allein die Geräusche, das Klappern der Würfel, das Tappen der Puppen, das Klick, wenn man eine Puppe schlägt.“
Im Winter spielt sich’s leichter. Wir spielen rummikub. Endlos. Das Klicken der Spielsteine, das Rätseln um Spielzüge. Es geht um Nichts. (Auch das, das Nichts, so wunderbar im „Clown„.)

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Und weil manchmal nichts mehr zu tun bleibt, als die Welt ein bisschen bunter zu machen, gibt es für unsere Spielsteine einen maßgeschneiderten Hexiebeutel (aus: „Zauberhafte Lieseleien„). Das Format ist angepasst an die Menge des Inhalts, genäht aus den größeren 1 1/4“ Sechsecken. Nicht wie im Buch 7 x 3, sondern 8 x 3 Sechsecken. Dadurch wird der Beutel etwas breiter. Die Grundanleitung bleibt dieselbe, man muss nur vor dem Zuschneiden des Innenbeutels einmal messen, wie breit die Sechseckborte ist und das Rechteck für den Innenbeutel entsprechend verbreitern. Der Boden ist ebenfalls entsprechend angepasst an die Breite von acht Sechsecken und aus acht Teilen (Drachen) zusammengesetzt.

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Es wühlt sich so wunderbar in dem Beutel mit Spielsteinen. Es fühlt sich an, es hört sich an, es ist friedlich und echt und es geht so schön um Nichts.

 

Manchmal spielen wir auch Backgammon. Die handtaschenfreundliche Reisevariante steckt nach wie vor in einer abgewetzten Pappschachtel. Nee, da gibts keinen Beutel für. Da denke ich bloß prompt immer an eine Spielbrettvariante aus Stoff, die ich schon lange nähen möchte, mit Nachtblau und Sternen und Funkeln und Tierkreiszeichen, und dann träume ich mich so davon und meine Spielsteine fliegen raus und ich denke „Jetzt alles, aber keine 2 und 5 würfeln“ und dann würfel ich 2 und 5 und das Universum lacht und sagt, du weißt doch, dass ich keine Verneinungen kenne!

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